Mit einem leidenschaftlichen Plädoyer für ein offenes Europa und gegen populistische und nationalistische Bewegungen nahm die Regisseurin und Drehbuchautorin Agnieszka Holland am 9. Mai den 19. Viadrina-Preis der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) für ihr Engagement um die europäische Verständigung entgegen.
„Ich bin zutiefst dankbar und fühle mich geehrt, von Ihnen mit einem Preis ausgezeichnet zu werden, der so viele mir vertraute und gehaltvolle Begriffe in sich vereint: Europa, die deutsch-polnischen Beziehungen, Zusammenarbeit, Gemeinschaft und Versöhnung. Begriffe, die unseren Bürgern leider immer seltener als wesentlich erscheinen und denen man aufs Neue emotionale Wärme und Sinn verleihen muss”, so die vielfach ausgezeichnete Filmschaffende Agnieszka Holland.
„Der populistische Nationalismus wird erneut zu einer leicht einsetzbaren Waffe, die leider große Wählermassen in verschiedenen populistisch regierten Ländern anspricht. Es fällt mir schwer zu sagen, ob sie wissen, was sie tun, oder ob sie ganz einfach meinen, dass so die drängenden und unheimlich schwer zu lösenden Herausforderungen und Probleme unserer modernen Gegenwart bewältigt werden können. Sie gießen Benzin vor ein Pulverfass und glauben dabei unbekümmert, dass sie vom Feuer verschont bleiben”, so Holland weiter.
In ihrer Laudatio auf Agnieszka Holland sagte Marion Döring, Geschäftsführerin der Europäischen Filmakademie:
„Schweigen war nie ihre Sache, sie hat immer Haltung gezeigt und Mut bewiesen. Das hat sie zur Angriffsfläche für herrschende Politiker ihres Landes gemacht – zu Zeiten des Kommunismus ebenso wie heute.” Und weiter: „Europa braucht in diesen herausfordernden Zeiten Künstlerinnen und Künstler, Intellektuelle, Aktivistinnen und Aktivisten, ja, es braucht Menschen wie sie. Wer sonst könnte Europa noch die Augen öffnen, um es aus der Sackgasse zu befreien, in die Politik, Verwaltung und Ökonomie es hineinmanövriert haben?”
Verliehen wird der Preis vom Kuratorium des Förderkreises der Europa-Universität Viadrina. Prof. Dr. Dagmara Jajeśniak-Quast, Vorsitzende des Kuratoriums, betonte:
„All das, was unsere Universität verkörpert, verkörpert auch Frau Holland. Ähnlich wie an der Universität gefordert, greift Agnieszka Holland kritische, unbequeme, aber gleichwohl wichtige Themen aus der deutsch-polnischen und europäischen Geschichte sowie aus der Gegenwart auf”.
„Wir nehmen von der heutigen Preisverleihung mit, was wir alles für die Zukunft brauchen: Fantasie, Utopien und die engagierten Studierenden, die wir hier an der Viadrina haben”, resümierte Prof. Dr. Julia von Blumenthal, Präsidentin der Europa-Universität Viadrina.
Der Viadrina-Förderpreis ging an die „Studentische rechtswissenschaftliche Beratung am Collegium Polonicum”. Die Jura-Studierenden bieten insbesondere Studierenden und Menschen mit geringem Einkommen eine juristische Beratung an.
Agnieszka Holland begann ihre Karriere als Regieassistentin von Krzysztof Zanussi und Schülerin von Andrzej Wajda. Heute arbeitet sie in Frankreich, wo sie seit 1981 auch lebt, sowie in Polen und in den USA.
Folgen der US-Kultserie „House of Cards” gehören genauso zum umfangreichen Werk von Agnieszka Holland, wie der für den Oscar nominierte Film „Bittere Ernte” und „Hitlerjunge Salomon”, mit dem sie 1992 einen Golden Globe für den besten fremdsprachigen Film gewann.
Auch auf den Filmfestspielen Berlinale ist Agnieszka Holland mit ihren Filmen erfolgreich vertreten. Nachdem sie 2017 mit „Die Spur” einen Silbernen Bären gewonnen hat, konnte auch ihre jüngste Produktion „Mr. Jones” das Festival-Publikum überzeugen.
Zu den bisherigen Preisträgerinnen und Preisträgern des Viadrina-Preises zählen u. a. der Nobelpreisträger Günter Grass (2001), die polnischen Publizisten Adam Michnik (2000) und Adam Krzemiński (2006), Bundestagspräsidentin a. D. Prof. Dr. Rita Süssmuth (2008), der frühere polnische Ministerpräsident Tadeusz Mazowiecki (2009), Oscar-Preisträger Volker Schlöndorff (2010), der Komponist Krzysztof Penderecki (2011), der Außenminister der Bundesrepublik Deutschland Hans-Dietrich Genscher (2012).
Viadrina-Pressestelle